Tipps zur Modellauswahl - Verstärkung - Wartung und Pflege - Stimmen und Lösen - Modifizieren
Zwei Hinweise, die man nicht oft genug wiederholen
kann
Meine meistgebrauchten Werkzeuge (von links nach rechts): Schraubendrehersatz,
Kreuzschlitz- und Schlitzschraubendreher, Feile*, Kratzer*, Haken/Angel*, Lösblättchen*, ein Fläschchen
Silikonöl*, Wattestäbchen, Zahnstocher, Ventilkleber*. Die mit einem *Sternchen gekennzeichneten Dinge entstammen
einem früheren Reparatursatz von Hohner. Die übrigen
Sachen habe ich selbst hinzugefügt. Daneben habe ich noch ein paar Spezialwerkzeuge zum Wechseln von
Stimmzungen.
Stimmen:
- Auch Mundharmonikas kann man umd muss man manchmal stimmen. Das ist aber
leider nicht so einfach wie bei einer Gitarre, und leider auch nicht beliebig oft wiederholbar, denn dazu muss man an den
Stimmzungen herumfeilen! Daraus folgt schon, dass das nicht mal so eben schnell mal geht... Man sollte sich Zeit
nehmen!
- Entgegen weitverbreiteter Meinung kann man Stimmzungen nicht nur höher,
sondern auch tiefer stimmen. Nimmt man an der Spitze etwas ab, klingt die Zunge höher, nimmt man dagegen an der
Wurzel etwas ab, dann klingt die Zunge tiefer. Außerdem gibt es noch eine weitere Methode, eine Zunge tiefer zu
stimmen, aber dazu später mehr...
- Zum Stimmen braucht man mehrere Werkzeuge: (siehe Bild oben!) Schraubendreher(-satz), Feile, Kratzer, Lösblättchen; sind alle im Reparatursatz von
Hohner enthalten. Außerdem ist es höchst sinnvoll, sich ein
elektronisches Stimmgerät zuzulegen. Das muss kein teures mit Zeigerinstrument sein, ein preiswertes digitales
tut es auch - innen sind sie sowieso alle digital. Aber es sollte ein "chromatisches" Stimmgerät sein, eins was nur
für Gitarre und Bass geeignet ist, reicht nicht.
- Zunächst mal nimmt man einen Schraubendreher, um die Deckelplatten zu
lösen. Nicht alles, was wie eine Schraube aussieht, ist auch eine! Besonders bei älteren Modellen sind die Deckel
aufgenagelt, aber mit Nägeln, deren Kopf wie ein Schraubenkopf aussieht (böse Falle!). Wenn man mit Drehen nicht
weiter kommt, muss man dann einfach Hebeln. Dann kommt man schon mal an die außenliegenden Stimmzungen - das sind die,
die beim Ziehen erklingen - heran. Um an die innenliegenden Stimmzungen - die für die Blastöne -
heranzukommen, liefert Hohner mit seinem Reparatursatz (siehe Bild oben!) eine "Angel", mit der durch den Luftkanal hindurch die jeweilige Stimmzunge durch die Öffnung
in der Stimmplatte nach außen biegen soll, um dann dort daran herum zu feilen. Von dieser Methode kann ich nur
abraten! All zu leicht bricht die Stimmzunge dabei, in jedem Fall aber wird der Lösabstand (zwischen Zungenspitze
und Stimmplatte) stark verändert, und die Stimmzunge muss nachher wieder zurück gebogen werden. Dabei kann sie sich
aber wieder verstimmen... Es hilft nur eins: Die Stimmplatten müssen vom Kanzellenkörper gelöst werden. Wohl
dem, der eine Mundharmonika mit verschraubten Stimmplatten hat. Da geht das nämlich ganz einfach mit dem
Schraubendreher. Wer aber genagelte Stimmplatten hat, der muss mit einem scharfen Messer zwischen Kanzellenkörper und
Stimmplatte die letztere etwas hoch hebeln, dabei heben sich die Nägelköpfe etwas, so dass man sie mit einer Zange
zu fassen bekommen und herausziehen kann. Bei dieser Gelegenheit sollte man sich gleich überlegen, ob man nicht die
Nägel durch Schrauben ersetzen will (siehe meinen Abschnitt über Umbau von
Mundharmonikas).
- Beim Stimmen selber fängt man zweckmäßigerweise mit
der tiefsten Blaszunge an. Mit den Blaszungen deshalb, weil an die - wie oben geschildert - am schwersten heranzukommen
ist und weil man deshalb auch nicht bei jeder Überprüfung des gestimmten Tones die Stimmplatte wieder festmachen
kann. Man muss also - so gut es geht - beim Ausprobieren die Stimmplatte mit den Fingern auf den Kanzellenkörper
pressen. Diese kraftraubende Arbeit sollte man zuerst hinter sich bringen. Mit der tiefsten Stimmzunge beginnt man, weil man
da am wenigsten kaputt machen kann, denn die Materialmenge, die man für ein gegebenes Intervall mit der Feile abtragen
muss, ist umso kleiner, je höher die Stimmzunge klingt. Wenn man sich dann von den tiefsten zu den höchsten
Blastönen vorgearbeitet hat, wundert man sich, wieviel man beim tiefsten Ziehton wegfeilen muss... Nochmals zu den hohen
Tönen: Vorsicht! Oft genügt schon ein Hieb mit der Feile, und die Stimmung ist ganz
anders!
- Zum Feilen schiebt man zwischen Stimmzunge und -platte ein sehr flaches
Stück Blech, wozu sich das sog. Lösblättchen aus dem Hohner-Reparatursatz hervorragend eignet. Es sollte eigentlich klar sein, aber ich
schreibe es trotzdem nochmal: Man feilt immer mit der Flachseite der Feile auf der Oberseite der Stimmzunge. Feilt man an der
Zungenspitze, wird die schwingende Masse geringer und dadurch der Ton höher. Feilt man an der Zungenwurzel etwas ab,
dann wird die Zunge dort dünner, die Elastizität nimmt zu, und der Ton wird tiefer. Wie schon angedeutet,
kontrolliert man die Stimmung am besten nach jedem Bisschen Feilen mit dem Stimmgerät.
- Besondere Vorsicht ist beim Feilen an der Zungenwurzel geboten:
feilt man hier eine Kerbe hinein, dann kann die Stimmzunge dort leicht brechen. Also niemals mit der Kante der Feile
feilen!!! Ich bevorzuge es beim Tieferstimmen, statt zu feilen, mit dem Kratzer aus dem Hohner-Reparatursatz zu arbeiten. Dabei schiebe ich Material von einer Stelle, die ein
bis zwei Millimeter vom Zungenansatz entfernt ist, parallel zu Längskante in Richtung Niete. Dadurch wird die Stimmzunge
an dieser Stelle auch etwas elastischer, ohne dass man Gefahr läuft, eine Kerbe in Querrichtung zu bekommen. Diese
Methode erlaubt auch ein feinfühligeres Stimmen als mit der Feile und funktioniert auch bei Blaszungen ohne Abmontieren
der Stimmplatten von außen durch die Stimmplatte hindurch. Das ist besonders vorteilhaft, wenn man Blastöne nur
etwas tiefer stimmen möchte. Aber Vorsicht: nicht zu viel wegkratzen, sonst muss man die Stimmplatte doch noch abbauen,
damit man wieder an der Zungenspitze feilen kann!
- Wenn man Stimmzungen über größere Intervalle - einen
Halbton- oder gar einen Ganztonschritt - tiefer stimmen möchte (z.B. für Sonderstimmungen), ist das Kratzen sehr
zeitaufwändig und das Feilen nicht nur gefährlich, sondern ebenfalls zeitraubend, was einen leicht dazu verleitet,
zwischen zwei Kontrollen immer mehr Material abzutragen - und schon ist man über den richtigen Punkt hinweg. Ich bediene
mich dafür einer anderen Methode: Materialauftrag an der Zungenspitze, und zwar in Form von Lötzinn mit dem
Lötkolben. So habe ich es beispielsweise auch bei meiner Tango-Mundharmonika gemacht.
Als ich das das erste Mal gesehen hatte (bei Sigi Naruhn auf dem World Harmonica Festival 1997), hat
es mir fast körperlich weh getan, eine Stimmzunge derart traktiert zu sehen. Aber das Ergebnis rechtfertigt das Mittel:
Die Zunge klingt hinterher nicht schlechter als vorher - nur tiefer. Man spart sich die Gefahr des Zungenbruches durch zu
dünnes Material an der Zungenwurzel. Allerdings muss man dann noch die exakte Stimmung durch Abfeilen
überschüssigen Lötzinns herstellen, doch das ist nicht schwer. Man muss allerdings aufpassen, dass das Zinn
nur auf der Zungenoberseite sitzt; läuft es beim Löten an den Zungenkanten herunter, dann hat man
verloren.
Lösen:
- Nach dem Stimmen unabdingbar: Lösabstände einstellen! Man
sagt dazu auch Lösen. Der Lösabstand ist der Abstand der Zungenspitze von der Stimmplatte. Er verändert
sich zwangsläufig, wenn man an der Zunge herumfeilt oder -kratzt. Leider stimmen auch bei fabrikneuen Mundharmonikas die
Lösabstände manchmal nicht und müssen nachjustiert werden. Auch bei alten Mundharmonikas, die längere
Zeit auf dem Dachboden oder so gelegen haben, kann es sein, dass man die Lösabstände korrigieren muss, um sie
wieder spielbar zu machen. Dazu muss man natürlich vorher die Deckel entfernen.
- Eine Faustregel besagt, dass der Lösabstand ungefähr so groß
sein sollte, wie die Dicke der Stimmzunge. Weil tiefere Stimmzungen dicker sind, brauchen sie größere
Lösabstände als höhere Zungen. Man stellt den Abstand ein, indem man die Zunge vorsichtig!!! in die
entsprechende Richtung biegt, z. B. mit dem Kratzer oder mit einem Zahnstocher. Wenn man den Lösabstand
vergrößern möchte, kann man auch das Lösblättchen (daher der Name) aus dem Hohner-Reparatursatz (siehe Bild oben!) vorsichtig unter die
Zunge drücken.
- Man kann den Lösabstand aber auch individuell abweichend einstellen:
geringerer Lösabstand bewirkt ein leicheres Ansprechen der Zunge schon bei geringem Blasdruck, kann aber dazu
führen, dass sie klemmt, wenn man sie unvermittelt mit hohem Druck anbläst - dann gibt sie einfach gar keinen Ton
von sich. Großer Lösabstand bannt diese Gefahr, allerdings spricht die Zunge dann auch erst bei viel Puste an.
(Ausserdem hat man dann bei einer Mundharmonika ohne Ventile auch viel Luftverlust beim Spielen der anderen Zunge im selben
Kanal.)
Zwei Hinweise, die man nicht oft genug wiederholen
kann
Tipps zur ...
Modellauswahl- allgemein- chromatische Mundharmonikas
Verstärkung
Wartung und Pflege
Stimmen und Lösen
Modifizieren- Linksverkehr- Stimmplatten verschrauben
Diese Liste wird bei Gelegenheit erweitert!
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Zu allen hier angesprochenen Themen sage ich auch etwas -
ausführlicher und aktualisiert - in meinem 2022 erschienenen Mundharmonikabuch.
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Wer Fragen hat, die hier nicht beantwortet werden, wird vielleicht
fündig bei einem meiner Mundharmonika-Links. Wenn nicht, kann ich empfehlen,
sich an eines der inzwischen zahlreichen Mundharmonikaforen im Internet zu wenden und die Fragen dort zu stellen.
Man kann sich auch per e-mail direkt an mich wenden.
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